Michael Scharsig

Letzter Platz: Telekommunikationsbranche bei Absolventen sehr unbeliebt

Michael Scharsig
Michael Scharsig
veröffentlicht am 8.10.2015

Berufliche Karriere in der Telekommunikationsbranche? „Nicht mit uns“, lautet (aktuell) das Votum der Studierenden in Deutschland. Konkret: Im Rahmen der Studienreihe „Fachkraft 2020“ kürten 20.000 angehende Absolventen den Bereich Telekommunikation zur unbeliebtesten studentischen Zielbranche – Platz 24 im Vergleichsranking. Wie das? Sorgen vor beruflicher Unzufriedenheit und Arbeitslosigkeit taugen jedenfalls nicht als Begründung.

Gemessen an der Größe und wirtschaftlichen Bedeutung der Telekommunikationsbranche ist das studentische Desinteresse nur schwer nachvollziehbar. Zum Vergleich: Während es in der Spitze über 17 Prozent der Hochschülerinnen und Hochschüler in den Medien- und Verlagsbereich zieht, votierten am Ende des Rankings gerade einmal 0,7 Prozent für den Bereich Telekommunikation. Platz 24! Wer hätte das gedacht?

Noch verwunderlicher: Formal spricht eigentlich nicht viel gegen die Branche. Die Sorge vor post-gradueller Arbeitslosigkeit ist im Telekommunikationsbereich gering, die Hoffnung auf eine zufriedenstellende Tätigkeit sehr groß. Dagegen steht lediglich eine niedrige Gehaltserwartung zum Jobeinstieg. Aber reicht das bereits als Erklärung für das schlechte Ergebnis im Branchenvergleich?

Die vorliegenden Ergebnisse gehen auf die Märzerhebung 2015 der Studienreihe „Fachkraft 2020“ zurück, die Studitemps seit 2012 in wissenschaftlicher Kooperation mit dem Department of Labour Economics der Maastricht University durchführt. Erhoben wird halbjährlich – bundesweit. Nächste Befragung: März 2016.

Die Top-5-Arbeitgeber im Bereich Telekommunikation

Auf den ersten Plätzen finden sich erwartungsgemäß die bekannten Marken der Zunft. Klar als zukünftiger Arbeitgeber favorisiert wird auf studentischer Seite die Deutsche Telekom mit 39,6 Prozent, gefolgt vom britischen Anbieter Vodafone (28,1 %). Und auch die Telefónica Deutschland Holding verbleibt angesichts einer Zustimmung von 10,7 Prozent knapp im zweistelligen Bereich. Die Ränge 4 und 5 gehen an Kabel Deutschland aus Unterföhring und Unitymedia aus Köln.

Tabelle: Beliebteste Arbeitgeber im Telekommunikationsbereich

Beliebteste Arbeitgeber Telekommunikation

Branchenvergleich Telekommunikation: Topwert bei antizipierter Jobzufriedenheit

Trotz der schlechten Platzierung im Gesamtranking schneidet der Telekommunikationsbereich bei ausgesuchten Aspekten gut ab, teils sogar herausragend. So sprechen die befragten Studierenden der Branche bei der Frage nach der erwarteten Jobzufriedenheit satte 7,78 von 10 möglichen Punkten zu – Platz 1 im Ranking dieser Kategorie.

Hinzu kommt, dass lediglich 26 Prozent derjenigen Befragten, die es später beruflich in die Telekommunikation zieht, Sorge vor (anfänglicher) Arbeitslosigkeit verspüren. Auch das ein guter Wert. Zum Vergleich: Während in dieser Kategorie der Anlagen- und Maschinenbau am meisten zu überzeugen weiß (21 %), liegt der diesbezüglich letztplatzierte Medien- und Verlagsbereich mit 44 Prozent „besorgniserregend“ weit zurück.

Negativ ist hingegen, dass lediglich 9 Prozent der Branchen-Interessenten angaben, mit dem Bachelor einsteigen zu wollen. Gerade mit Blick auf diese jüngste aller akademischen Zielgruppen schneiden Branchen wie Tourismus (18 %) und das Messewesen (17 %) deutlich besser ab. Dann fällt auf, dass der Anteil an fachbezogener Praxiserfahrung durch Studentenjobs im Bereich der Telekommunikation hoch ist. Etwa 27 Prozent der Interessenten gaben an, sich in dem Metier auszukennen (Platz 5 im Ranking).

Ob aus dieser beruflichen Vorerfahrung auch der geringe Gehaltsanspruch an den Telekommunikationsbereich resultiert, muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Fakt ist jedoch, dass das für den Jobeinstieg antizipierte Bruttojahresgehalt im Durchschnitt bei lediglich 37.150 Euro liegt, was der Branche in dieser Kategorie erneut eine schlechte Gesamtplatzierung einbringt (Rang 20). Zum Vergleich: Der Abstand zu Steuer- und Wirtschaftsprüfung (46.900 €) beträgt rund 20 Prozent.

Schnellcheckkommunikation

Wenig verträglich, aber emotional höchst stabil

Und wie beurteilen sich Studierende selbst, die es beruflich in den Bereich Telekommunikation zieht? Mit Blick auf die erfassten Charaktereigenschaften springen zwei Aspekte ins Auge. Einerseits, dass sich die Branchen-Interessenten als wenig verträglich einstufen (0,75 ist der Minimalwert des Branchenvergleichs). Andererseits, dass die emotionale Stabilität mit einem Wert von 1,20 stark ausgeprägt ist. Höher liegt sie lediglich in zwei anderen Branchen.

Persönlichkeitsmerkmale Telekommunikation

Fazit von Studitemps: Der wichtigste Wert dieser Analyse ist nun einmal die studentische Gesamtzustimmung. Und diese fällt im Bereich der Telekommunikation mit 0,7 Prozent äußerst schlecht aus – perspektivisch wenig vielversprechend. Dabei hat die Branche gute Argumente vorzuweisen, die positive Erwartung zur Jobzufriedenheit zuvorderst. Zudem ist die Sorge vor Arbeitslosigkeit gering. Eigentlich solide Voraussetzungen.

Warum also landet die Branche abgeschlagen auf dem 24. Platz des Gesamtrankings? Den geringen Gehaltsanspruch hierfür verantwortlich zu machen, würde sicherlich zu kurz greifen (dies würde nicht zur positiven Antizipation des Aspekts Jobzufriedenheit passen). Insofern muss die genauere Analyse der Ursachen auf eine der Folgeerhebungen zur Studienreihe „Fachkraft 2020“ verschoben werden. Faktisch bleibt es jedoch dabei: 0,7 Prozent Zustimmung werden dem ökonomischen Stellenwert der Telekommunikationsbranche mitnichten gerecht. Ohne programmatische Weichenstellungen scheint der vielbeschworene Fachkräftemangel zu drohen.

Michael Scharsig
Über den/die Autor*in

Michael Scharsig

Mein Name ist Michael, ich habe früher für jobvalley gearbeitet und Artikel für das Jobmensa Magazin verfasst. 2013 habe ich mein JPR-Studium (Journalismus/Public Relations) abgeschlossen. Parallel dazu war ich rund zwei Jahre als Online-Fußballredakteur in NRW unterwegs und bin anschließend für drei Monate nach London gegangen. Dort lernte ich dann Marketing und Instagram näher kennen. In meiner letzten Station hatte ich als PR-Volontär mit Social Media und Blogger Relations zu tun. Privat bin ich außerdem Filmblogger und habe 2014 eine Rock-am-Ring-Facebook-Seite betreut, die sich dafür einsetzte, dass Festival in meine Heimat zu holen. Hat nicht geklappt, aber Spaß hat's gemacht.

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